ACS Akutes Koronarsyndrom

Leitsymptom

Thoraxschmerz, ev. Dyspnoe

Definition

Das akute Koronarsyndrom beschreibt eine Arbeitsdiagnose bei unklarem Thoraxschmerz. Dieser resultiert aus einer anhaltende Durchblutungsstörung (Ischämie) von Teilen des Herzmuskels (Myokard), die in den meisten Fällen durch Blutgerinnsel (Thromben) in einer arteriosklerotisch veränderten Engstelle eines Herzkranzgefäßes verursacht wird. Abhängig vom Grad der Okklusion wird zwischen instabiler Angina Pectoris, Nicht-ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (NSTEMI) oder ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (STEMI) unterschieden. Diese Unterscheidung ist am Flugzeug nicht möglich.

Symptome

Akut auftretender retrosternaler Schmerz/Druck/Brennen mit oder ohne Ausstrahlung in den linken Arm, Hals, Unterkiefer, Rücken oder Oberbauch. Er ist nicht atem- oder lageabhängig. Der Schmerz wird oft als sehr bedrohlich empfunden (Vernichtungsschmerz), nicht selten besteht Dyspnoe, Kaltschweißigkeit und Blässe. Eine Zyanose der Akren ist Ausdruck eines Blutdruckabfalls bei versagender Pumpleistung. Schwindel, Bewusstlosigkeit, Nausea und Emesis sind ebenfalls häufig. Auch Tachy- oder Bradyarrythmien können auftreten bis hin zum kardialen Schock. Gegebenenfalls atypische und abgeschwächte Symptome bei Diabetikern, älteren und weiblichen Patienten.

Mögliche Ursachen

Hier gelten die bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren wie Arterielle Hypertonie, chronischer Nikotinkonsum, Dyslipidämie, positive Familienanamnese, Diabetes mellitus, Hyperurikämie....

Diagnostik (ABCDE Schema)

A - Frei

B - Unauffällig oder Dyspnoe, ev. Tachypnoe, ev. bereits kardiales Lungenödem mit feuchten Rasselgeräuschen, SpO2

C - Unauffällig über Hypotonie und Kaltschweißigkeit bis hin zum kardialen Schock und Atem-Kreislaufstillstand

D - Unauffällig (außer bei zunehmender Desaturierung und hämodynamischer Instabilität zunehmend verschlechternde Vigilanz)

E - (Fremd-)Anamnese (vor allem kardiale Vorgeschichte, Risikofaktoren, Medikamentenanamnese)

Blutdruck, Herzfrequenz, AED-EKG Ableitung II, Blutzucker

Im bodengebundenen Rettungsdienst-Setting ist die präklinische Unterscheidung in instabile AP, NSTEMI und STEMI häufig durch ein 12-Kanal EKG möglich. Da dieses an Bord eines Flugzeugs nicht zur Verfügung steht, kann beim ACS an Bord niemals eine endgültige Diagnose gestellt werden.

Behandlung

Allgemeinmaßnahmen
  • Je nach Patientenzustand Einzelfallevaluierung -> Verbringung des Patienten in eine liegende Position mit 30° Oberkörperhochlage und Stressabschirmung?
  • Beruhigen
  • Sauerstoffgabe (bei ACS an Bord immer Sauerstoffgabe, da aufgrund der Höhe das Sauerstoffangebot sowieso erniedrigt ist!)
  • Venöser Zugang
  • Anbringen eines Defibrillators (AED) für Rhythmusdiagnostik und -monitoring sowie zur Reanimationsbereitschaft
  • Engmaschige Überwachung mit Blutdruckmessung, SpO2 und AED-EKG-Ableitung II (Erkennen von Herzrhythmusstörungen, Möglichkeit zur Defibrillation)

 Medikamentöse Therapie

Bemerkung: Der Großteil der empfohlenen Medikamente der Leitlinien sind an Bord nicht verfügbar (v.a. Morphin, neue Thrombozytenaggregationshemmer, Hochmolekulares Heparin)!

  • Alternatives Schema an Bord:
    •  Acetylsalicylsäure
      • z.B. Aspirin® (250-500mg i.v.)
    • LMWH statt hochmolekularem Heparin (off-Label!)
      • z.B. Lovenox® 30mg i.v. + 1mg/kg s.c. (an Bord: 100mg Spritzen verfügbar)
    • Neue Thrombozytenaggregationshemmer (an Bord nicht vorhanden, ggf. andere Flugpassagiere fragen?)
      • z.B. Clopidogrel (300-600mg), Prasugrel (60mg) oder Ticagrelor (180mg)
  •  Erwäge:
    • Schmerztherapie (z.B. Tramal®??)
    • Stressreduktion (z.B. Dormicum®??)
    • Therapie von bradykarden (Atropin®) und tachykarden (z.B. Beloc® oder Amiodaron®) Rhythmusstörungen
    • Therapie einer hypertensiven Krise (z.B. Ebrantil®)
    • Bei Übelkeit / Erbrechen Antiemetika (z.B. Paspertin®)
    • Nitrospray (CAVE: nicht bei Blutdruck <90 mmHg und/oder höhergradigem AV Block)

    Differentialdiagnosen

    Hypertensive Krise, Pulmonalembolie, Roemheld-Syndrom, Pneumothorax, Aortendissektion, Ösophagusruptur, bradykarde oder tachykarde Herzrhythmusstörungen, pulmonale Erkrankungen

    Zwischenlandung nötig?

    Ja

    Nach Möglichkeit Auswahl eines Zentrums mit Herzkatheterbereitschaft.